Wie das Integrationsparadigma und Rassismus zusammenhängen
Schirin Amir-Moazami – 2023
Der Beitrag setzt sich kritisch mit Diskursen auseinander, in denen der Begriff Islamisierung vor allem als Drohkulisse funktioniert. In Einwanderungsgesellschaften Westeuropas steht Islamisierung zumeist für alles Böse, das von außen in eine vormals intakte, homogene und ›gesunde‹ Gesellschaft eindringt: Durch übermäßige Vermeh- rung, Wanderung und gesellschaftliche Infiltration, so die geläufige Behauptung, ha- ben sich Muslim:innen aller Länder verabredet, schleichend oder mit Schwertern eine weltweite Islamisierung voranzutreiben. Der Beitrag fragt nach den affektiven Einla- gerungen und nach den grundsätzlichen Mustern von Rangordnungen, die in solcherlei Sprechakten über die Islamisierung Europas am Werk sind. Von der Gegenwart ausge- hend argumentiert der Artikel außerdem, dass die Rede von der Islamisierung in diesen feindseligen Spielarten eine längere Geschichte hat, die von aktuellen Wanderungsbewe- gungen weitgehend entkoppelt ist. Diskurse über Islamisierung als ›Islamgefahr‹ hatten bereits im Kontext der imperialen und kolonialen Expansion Europas Hochkonjunktur. Die dabei bemühte Polemik stammte aus älteren christlich-theologisch begründeten De- gradierungen des Islams, die wiederum auf christlich-islamische Begegnungen wie etwa im Kontext der Kreuzzüge oder der Expansion des Osmanischen Reiches zurückzuführen sind.