Über den Workshop

Wirtschaftsreformdebatten und der politische Einfluss von Marktwirtschaftlern in Ländern außerhalb des westlichen Bündnisses des Kalten Krieges werden von Wissenschaftlern der politischen Ökonomie, der globalen Geschichte und des Neoliberalismus einer Revision unterzogen. Die jüngste Forschung ordnet die intellektuellen und wirtschaftlichen Veränderungen in die globalen Veränderungen in der Wirtschaft und im wirtschaftlichen Denken ein, die in den 1970er Jahren begannen, und entfernt sich damit von der Fixierung auf das Jahr 1989 und die Ankunft ausländischer Berater als externe Förderer eines im Westen entwickelten liberalen Skripts. Formen des "peripheren Liberalismus", eine Reihe von Ideen zur marktwirtschaftlichen und auf individuellen Rechten basierenden Transformation, entstanden in den meisten Teilen der Welt und hatten - in unterschiedlichem Maße - bedeutsame Auswirkungen auf Wirtschaftsreformen und politischen Wandel.

Für unseren zweitägigen Workshop, der im Oktober 2022 in Berlin stattfinden wird, laden wir zu Beiträgen ein, die uns helfen, das entstehende Forschungsfeld der globalen Geschichte der wirtschaftlichen Transformation seit den 1970er Jahren abzustecken. Wir freuen uns auf Beiträge zur Rolle des (neo-)liberalen Denkens und der selbsternannten liberalen Intellektuellen und Politiker in Ländern, die während des Kalten Krieges zur zweiten und dritten Welt gehörten. Wir sind besonders an Beiträgen interessiert, die sich auf Primärquellen stützen und die grenzüberschreitende Interaktion zwischen Ökonomen, Intellektuellen und Politikern aus verschiedenen Teilen der nicht-westlichen Welt untersuchen.

Der Workshop wird von Mitgliedern der Nachwuchsgruppe "Peripherer Liberalismus" organisiert: Dr. Tobias Rupprecht; Alice Trinkle; Kevin Axe; Maximiliano Jara; George Payne.

Über die Nachwuchsforschungsgruppe "Peripherer Liberalismus"

Das liberale Drehbuch ist in den (ehemaligen) staatssozialistischen Ländern besonders heftig umstritten. Politische Führer und Gleichgesinnte von Ungarn bis Russland und China haben während der turbulenten Transformation der 1990er Jahre versucht, sich durch die ausdrückliche Ablehnung des Liberalismus als westliche Zumutung politisch zu legitimieren. Peripherer Liberalismus" bewertet die Entstehung eines liberalen Drehbuchs in den sozialistischen Ländern und hinterfragt dieses vom Westen aufgezwungene Narrativ, das auch einen Großteil der Literatur über die "Transformation" Osteuropas und zeitgenössische politische Kommentare durchdringt. Wir untersuchen die Debatten über wirtschaftliche und politische Reformen in Sowjetrussland, Sowjet-Estland, dem kommunistischen China und dem postsozialistischen Chile seit den 1970er Jahren und konzentrieren uns dabei auf historiografische Belege, die von einzelnen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlern vorgelegt wurden. Wir untersuchen, wie lokale Varianten des Neoliberalismus ab den späten 1970er Jahren entstanden, und zwar nicht als passiver Import aus dem Westen, sondern in Auseinandersetzung mit lokalen intellektuellen Traditionen, inländischen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen und Interpretationen von Reformen im Ausland - auch im Westen, aber vor allem in anderen Ländern der sozialistischen Welt. Wir gehen davon aus, dass ein liberales Drehbuch schon lange vor der Ankunft westlicher Berater entworfen wurde; es wurde nur teilweise um 1990 umgesetzt, und während einige ihrer Ideen noch immer die Wirtschafts- und Finanzpolitik beeinflussten, wurden die Neoliberalen selbst bald politisch ins Abseits gedrängt.

Besuchshinweise

Die Teilnahme steht allen offen und ist nicht auf die eingeladenen Referenten beschränkt. Wenn Sie teilnehmen möchten, schreiben Sie bitte an George Payne: g.payne@fu-berlin.de.

Der Workshop findet vollständig vor Ort statt, eine Online-Teilnahme ist jedoch möglich.